Barbara Tóth, Kurt Langbein, Gottfried Derka, Christian Brüser und Ulrike Gladik für sozial engagierten Journalismus ausgezeichnet
Mit dem Prälat Leopold Ungar JournalistInnenpreis in der Kategorie TV wurden gestern die beiden ORF-Journalisten Kurt Langbein und Gottfried Derka für ihren „Kreuz & Quer“-Beitrag „Vom Sinn des Gebens“ ausgezeichnet. Die Falter-Journalistin Barbara Tóth ist mit „Yusofs Odyssee“ die Preisträgerin im Bereich Print, in der Kategorie Hörfunk überzeugte Christian Brüser (Ö1) mit einer Reportage über „Landgrabbing“. Ulrike Gladik wurde für ihren Online-Beitrag über die angebliche „Bettelmafia“ geehrt. Für den renommierten Preis haben auch in diesem Jahr wieder zahlreiche JournalistInnen eingereicht: Insgesamt erreichten die Jury 142 Einsendungen, davon 46 in der Kategorie TV, 47 in der Kategorie Print, 35 in der Kategorie Hörfunk und 14 in der Kategorie Online. Der Preis, der im Sinne des Lebenswerkes von Prälat Leopold Ungar bereits zum achten Mal von der Caritas der Erzdiözese Wien und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien vergeben wird, ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte JournalistInnenpreis Österreichs.
„Der Preis ist eine Auszeichnung für herausragende journalistische Leistung. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben deutlich gemacht, dass sie Journalismus auch als Sprachrohr für soziale Anliegen auffassen“, so Caritasdirektor Michael Landau. „Mit ihrer Arbeit tragen sie wesentlich dazu bei, denjenigen Gehör zu verschaffen, die keine Stimme haben. Sie thematisieren gesellschaftliche Brennpunkte, gehen bewusst an die Ränder der Gesellschaft und fragen nach den Menschen, die hinter den Zahlen der Statistiken stehen. Not sehen und handeln - das ist auch einer der Leitsätze, der wesentlich für das Tun der Caritas ist. Es geht um den Mut, hin- und nicht wegzusehen. Dafür braucht es auch Journalistinnen und Journalisten die den Weg einer mutigen, engagierten und anwaltschaftlichen Berichterstattung einschlagen.“
„Journalistinnen und Journalisten die es sich selbst nicht leicht machen, die viel Zeit und ihr ganzes handwerkliches Geschick in die Waagschale werfen, sie wollen wir mit dem Prälat Leopold Ungar Preis auszeichnen,“ so Dr. Georg Kraft-Kinz, GD Stv. der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. „Wir wollen gemeinsam mit der Caritas zeigen: Wir brauchen Journalistinnen und Journalisten, die sich auch für Menschen und Themen einsetzen, die möglicherweise als irritierend, unangenehm oder störend empfunden werden“, betont Kraft-Kinz. „Einmal mehr hat sich gezeigt und bestätigt, dass gerade der Themenbereich Migration, Integration und Asyl eine besondere Aufmerksamkeit durch Journalistinnen und Journalisten braucht,“ so Kraft-Kinz.
Die Falter-Journalistin Barbara Tóth überzeugte in der Kategorie Print mit der Reportage „Yusofs Odyssee“ über die Trennung eines jungen Paares durch die Abschiebung der Frau und des gemeinsamen Babys Yusof in die Mongolei. Die Abschiebung erfolgte, obwohl der Mann von Kindheit an in Wien lebt und österreichischer Staatsbürger ist – eine der tragischsten Schicksale des österreichischen Fremdenwesens in den vergangenen Jahren. Barbara Tóths Reportage wird der Schwere des Themas voll gerecht, urteilte die Jury und sah dies vor allem durch die Recherchequalität garantiert. Tóth hatte den Vater auf seiner letzten Fahrt ins tschechische Abschiebegefängnis begleitet. Sie habe seine Ratlosigkeit unter der Last der Verhältnisse ohne Sensationseffekte dargestellt. Das ziehe die Leserschaft in die dramatischen Ereignisse und bringe das Unerhörte klar zum Ausdruck, lautete die Begründung.
Die Journalisten Kurt Langbein und Gottfried Derka haben mit ihrer Dokumentation für die ORF-Serie „Kreuz und Quer“ mit dem Titel „Vom Sinn des Gebens“ beste Wertarbeit abgeliefert, war sich die Jury in der Kategorie TV einig. Mit ihrem Filmessay bewiesen die beiden Journalisten, dass die Menschen vor allem durch ihre sozialen Fähigkeiten wie Mitgefühl, Engagement und Zusammenhalt überleben können. Sie schildern eindrücklich, dass der Mensch grundsätzlich altruistisch denkt und handelt, sobald die Rahmenbedingungen dafür vorhanden sind. „Eine Aussage, die im Gegensatz zur herrschenden kapitalistischen Haltung steht und Lösungsmöglichkeiten für viele gesellschaftliche Probleme eröffnet. Die Dokumentation sorgt für viele ‚Aha-Effekte’ und ist eine spannende Mischung aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, ausgeklügelten Experimenten und Geschichten von Menschen, die die Theorien mit ihrer Praxis, ihrem Handeln belegen“, begründeten die JurorInnen die Auszeichnung.
Christian Brüser wurde in der Kategorie Hörfunk für seine Sendung „Landgrabbing – die globale Jagd nach Ackerland“ in der Ö1-Sendereihe „Hörbilder“ ausgezeichnet (in Koproduktion mit DLF). Während die Weltbevölkerung wächst, hat sich in den letzten zwanzig Jahren die verfügbare Ackerfläche pro Kopf halbiert und ist nach den Gesetzen des Markts entsprechend im Wert gestiegen. In Europa wenig beachtet ist so eine neue Form des Kolonialismus entstanden. Länder wie China oder Saudi-Arabien kaufen oder pachten riesige Landflächen in Entwicklungsländern und betreiben dort intensive Land- oder Plantagenwirtschaft – zum Nutzen für die Investoren, zum Schaden für die lokale Bevölkerung. So wurden in Kambodscha hunderttausende Menschen brutal vertrieben, um Platz für Zuckerrohr- und Gummiplantagen zu schaffen. Komplizen bei den schmutzigen Geschäften sind Regierungen und lokale Behörden. Brüser hat Betroffene in Kambodscha und Äthiopien besucht und Regierungsvertreter und Agrarfondsmanager interviewt. „Seine Sendung zeichnet inhaltlich präzise und gestalterisch eindrucksvoll das Bild eines weiteren Auswuchses der Globalisierung“, entschied die Jury.
In der Kategorie Online, die heuer zum zweiten Mal prämiert wurde, ging der Hauptpreis an Ulrike Gladik. Oft wird die Frage gestellt, ob Online Berichterstattungsformen journalistischen Qualitätsstandards – etwa Rechercheintensität, kritische Herangehensweise an das Thema, Sprach- und Formulierungsstil, Konsistenz der zugrundeliegenden Geschichte, Eindrücklichkeit der Darstellung – entsprechen. Alles das treffe auf Gladiks reportageartigen Text „Eine Mafia, die bettelt?“ zu, der auf der Website der BettelMafiaWien veröffentlicht wurde. Gladik recherchierte im Umfeld bulgarischer und rumänischer BettlerInnen in Österreich und in ihren Heimatstaaten und bietet damit tiefe Einblicke in ein Milieu. Ihre Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Rassismus, Behinderung, Wohnungsverlust in den Herkunftsstaaten und dem Betteln in Österreich seien beeindruckend, ihre Schilderungen plastisch, befand die Jury. Ihr Resümee: Von dieser "Mafia" glaubt man zu wissen, weiß aber letztlich nichts. Gladik, auch eine renommierte bildende Künstlerin, arbeitet multimedial und illustriert ihren Text mit Fotos aus dem Film „Natasha“, der die Bettelfahrten einer bulgarischen Roma nach Graz zum Thema hat. Gladik bloggt zudem auf der Bettellobby-Website, um auf Probleme von BettlerInnen in Österreich hinzuweisen.
Anerkennungspreise für hervorragende journalistische Leistungen wurden in der Kategorie Print an die M-Media Redaktion und Anna Thalhammer (Biber) vergeben. In der Kategorie TV wurden Oliver Rubenthaler (ORF Thema) und Peter Kullmann (ORF Kreuz & Quer) ausgezeichnet. Die Anerkennungen im Bereich Hörfunk ging an Barbara Krommer und Nadja Hahn vom Ö1 Wirtschaftsmagazin Saldo sowie Ursula Scheidle und Arno Aschauer (Ö1 Hörbilder). In der Kategorie Online freute sich Hanna Silbermayr über die Auszeichnung.
Der Medienpreis ist für die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien ein besonders wichtiger Teil der Partnerschaft mit der Caritas der Erzdiözese Wien, die auch in der Unterstützung des Mobilen Hospiz Teams oder in der Kardinal Franz König Patenschaft für die Gruft ihren Ausdruck findet.