(KAP) Menschen mit Behinderung im Pflegebereich einzusetzen birgt Vorteile für Unternehmen, Gesellschaft und die Menschen selbst. Darauf haben die Caritas der Erzdiözese Wien, Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und die "Essl Foundation" am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien im Vorfeld des "Zero Project - Unternehmensdialog 2023" zum Thema Gesundheit und Pflege aufmerksam gemacht. Auf das Potenzial von Menschen mit Behinderung kann die Gesellschaft und auch die Wirtschaft nicht verzichten, lautete der allgemeine Tenor der Veranstaltung in der alten Ankerbrotfabrik im Bezirk Favoriten.
Es gehe darum, Bewusstsein für die Potenziale von Menschen mit Behinderungen zu schaffen, betonte Minister Rauch, "auf die Begabungen zu fokussieren und nicht auf die Behinderung". Menschen mit Behinderung verdienten vollständige Inklusion, das sei so auch UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Bei der Erfüllung dieser habe Österreich durchaus noch Aufholbedarf, so der Politiker. In Österreich arbeiteten 6.300 Menschen mit Behinderung im Gesundheits- und Pflegesektor, so Rauch, das seien etwa zehn Prozent aller unselbstständig beschäftigten Menschen mit Behinderung. Er sieht in diesem Bereich aber durchaus noch Potenzial für mehr Beschäftigte mit Behinderung.
Gerade berufliche Teilhabe sei ein wesentlicher Teil für die Sichtbarkeit behinderter Menschen in der Gesellschaft und um das Selbstwertgefühl von Betroffenen zu stärken. "Unternehmen tragen essenziell zu Inklusion bei", so der Minister, deswegen sei die Bereitschaft der Wirtschaft, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen, enorm wichtig.
Der Wiener Caritasdirektor Alexander Bodmann wies auf Versäumnisse Österreichs bei der Erfüllung der UN-Behindertenrechtskonvention hin. Besonders bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung habe man Aufholbedarf, so der Caritasdirektor. Er forderte deswegen mehr inklusive Schulen, "in denen Kinder mit und ohne Behinderung voneinander lernen können". Nach wie vor zu wenig Menschen mit Behinderung würden in Österreich den Sprung auf den sogenannten "ersten Arbeitsmarkt" schaffen, kritisierte Bodmann. Zu viele kämen nach wie vor in Tageswerkstätten, wo sie nur ein Taschengeld erhalten und sozial schlecht abgesichert seien.
Großes Potenzial im Pflegesektor
Gerade der Pflegebereich sei prädestiniert für Menschen mit Behinderung, zeigte sich Bodmann überzeugt. Diese verfügten oft über mehr Geduld und hörten besser zu. Das sei etwa im Kontakt mit älteren Menschen eine Fähigkeit, die es nicht zu unterschätzen gelte. Bei der Caritas der Erzdiözese Wien arbeiteten 200 Menschen mit Behinderung, erzählte Bodmann, über 100 von ihnen in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen der Organisation. Das zeige das große Potenzial dieses Sektors für Menschen mit Behinderung.
Das unterstrichen auch Claudia Miller, "Ability Managerin" und für Menschen mit Behinderung bei der Caritas der Erzdiözese Wien zuständig, sowie Caritas-Lehrlingsberaterin Michaela Pasch. Es dürfe nicht unterschätzt werden, was entstehen kann, wenn man Menschen mit Behinderung einsetzt. Die Caritas sei in diesem Bereich vorbildlich und erfülle die vorgeschriebene Quote an behinderten Mitarbeitenden. In Zukunft solle die Hilfsorganisation aber eine noch inklusivere Arbeitgeberin werden.
Im Arbeitsmarkt würden viel zu oft die Einschränkungen und zu selten die Talente gesehen, die betroffene Bewerberinnen und Bewerber mitbringen, konstatierte Martin Essl von der "Essl Foundation". "Zero Project - Unternehmensdialogen" organisiere man seit 2017 österreichweit Veranstaltungsformate, bei denen Unternehmen inspiriert werden sollen, vermehrt Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. So habe man bereits über 2.000 Unternehmerinnen und Unternehmer motiviert, zusätzlich Menschen mit Behinderung anzustellen, so Essl.
Mit der Veranstaltung wolle man zeigen, welche Möglichkeiten der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung es im Gesundheits- und Pflegesektor gibt. Dazu erzählen den ganzen Tag über Unternehmen über ihre Erfahrungen, aus dem kirchlichen Bereich ist neben der Caritas aus das Ordensspital der Barmherzigen Brüder als "Best Practice"-Beispiel dabei. Das Hauptreferat hält der Neurologe Johannes Fellinger zum Thema "Inklusive Medizin". (Infos:https://austria.zeroproject.org/unternehmensdialoge)