Die Caritas warnt vor einem weiteren Anstieg der Obdach- und Wohnungslosigkeit in Österreich. „Die Nachfrage nach unserer Hilfe bleibt anhaltend hoch“, sagt Caritasdirektor Klaus Schwertner am Mittwoch bei einem Pressetermin in der Wiener Obdachloseneinrichtung Gruft. „Das betrifft jene Menschen, die schon jetzt wohnungslos sind und auf der Straße stehen. Aber auch jene, die in Folge hoher Mietpreise und steigender Energiekosten Sorge haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren. Die nächste Bundesregierung muss rasch handeln, um Armut wirksam zu bekämpfen und einen weiteren Anstieg der Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu verhindern.“ Gemeinsam mit Schauspieler Karl Markovics verweist Schwertner auf beunruhigende Entwicklungen. Demnach ist in Österreich die Zahl wohnungsloser Menschen im vergangenen Jahr gestiegen. Rund 21.000 Menschen sind derzeit als obdach- oder wohnungslos registriert. Auch die Zahl von Delogierungen hat in allen Bundesländern zugenommen. Hinzu kommen anhaltend hohe Mieten und Energiekosten sowie auslaufende Hilfen für Betroffene mit Jahresende. Laut Schätzungen der Caritas sind derzeit allein in Wien einige hundert Menschen akut obdachlos. Sie schlafen selbst dann auf der Straße, wenn es – wie derzeit der Fall – noch vorhandene Betten in den unterschiedlichen Notquartieren gibt. „Die klirrende Kälte ist für diese Menschen besonders gefährlich. Hilfe, die wir jetzt leisten, kann Leben retten.“ Schwertner verweist auf hohe Auslastungszahlen in Notquartieren wie der Gruft. „In den vergangenen Tagen lag die Auslastung bereits bei rund 98 Prozent. Unser Ziel muss jetzt lauten: Mehr Solidarität, mehr Einsatz, mehr Hilfe. Niemand, der auf der Straße steht, soll jetzt auf sich alleine gestellt sein.“ Unterstützung erhält Schwertner von Karl Markovics, der ein Streetwork-Team der Caritas bei einem Einsatz begleitet hat: „Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir müssen uns nur manchmal daran erinnern - auch gegenseitig. Also seien wir sozial und denken wir aneinander! Zum Beispiel mit dem Gruft Winterpaket.“
Caritas: Mehr als 1.800 Beherbergungsplätze, über 18.800 Gruft-Übernachtungen, 380 Kontingente Housing First
Die Caritas stellt ganzjährlich mehr als 1.880 Beherbergungsplätze alleine in Wien zur Verfügung. Gemeinsam mit der Stadt Wien, dem Fonds Soziales Wien und den verschiedenen Hilfsorganisationen werden im Rahmen der städtischen Winterhilfe insgesamt 1.000 zusätzliche Schlafplätze ermöglicht. „Seit Jahresbeginn konnten wir in der Gruft mehr als 18.800 Mal obdachlosen Menschen einen warmen und sicheren Schlafplatz anbieten“, betont Elisabeth Pichler, Leiterin der Gruft. „Täglich werden rund 240 Essen ausgegeben – alleine dieses Jahr wurden bereits 81.500 Mahlzeiten verteilt.“ Um auch jene Menschen zu erreichen, die die Notquartiere aus unterschiedlichen Gründen nicht aufsuchen, hat die Caritas auch ihre Präsenz auf der Straße erhöht. Schwertner: „Unser Streetwork läuft derzeit im 7-Tage-Modus, um die Menschen mit winterfesten Schlafsäcken, Decken und warmer Kleidung auszustatten oder sie in ein Notquartier zu bringen. Die mobilen Suppenbusse der Caritas haben allein heuer rund 90.000 warme Mahlzeiten auf Wiens Straßen verteilt.“ Darüber hinaus ist die Caritas auch einer der größten Träger von „Housing First“, das wohnungslosen Menschen auch langfristig den Weg ins eigenständige Wohnen ermöglichen soll. Derzeit werden von der Caritas in Wien 141 Einzelpersonen und 84 Familien in 380 Wohnkontingenten betreut. „Wir schaffen es, einen Großteil der Menschen langfristig in gesicherte Wohnverhältnisse zu bringen. Doch der Bedarf an leistbarem Wohnraum ist enorm. Wir würden uns deshalb ein flächendeckendes Angebot und ein verpflichtendes Kontingent an Housing-First-Wohnungen wünschen“, so Schwertner.
Mehr als 3.100 Anrufe beim Caritas Kältetelefon seit Anfang November
Schwertner und Pichler bitten die Bevölkerung um Mithilfe, um Menschen auf der Straße jetzt im Winter mit Hilfe erreichen zu können: „Die Rechnung ist einfach: Je mehr Menschen die Nummer 01/480 45 53 einspeichern und anrufen, umso mehr Schlafsäcke können wir verteilen und umso mehr Menschen können wir in ein Notquartier bringen.“ Das Kältetelefon ist an sieben Tagen die Woche, rund um die Uhr erreichbar. Die Streetworkteams der Caritas gehen allen Hinweisen möglichst zeitnah nach – in medizinischen Notfällen bittet die Caritas weiterhin darum, die Rettung zu verständigen. Im vergangenen Jahr wurde die Nummer mehr als 9.700 Mal gewählt. Seit Anfang November sind bereits 3.121 Anrufe beim Kältetelefon eingegangen. Die Streetworkteams sind in diesem Zeitraum 1.044 Orte angefahren. Durch die Hinweise konnten seit diesem Winter bereits 102 Menschen in ein Notquartier gebracht oder vermittelt werden.
Caritas nimmt kommende Bundesregierung in die Pflicht und bittet um Spenden
Von der nächsten Bundesregierung wünscht sich die Caritas zweierlei: kurzfristig wirksame Sofortmaßnahmen und langfristig wirksame Reformen. Schwertner: „Sofort wirksam wäre, die auslaufende Strompreisbremse zu verlängern oder sie durch einen gestützten Energie-Grundtarif zu ersetzen, der gezielt einkommensschwache und energiearme Haushalte unterstützt.“ Langfristig fordert die Caritas konkrete und nachhaltige Maßnahmen gegen Armut und Wohnungslosigkeit. „Die Menschen brauchen einen nationalen Aktionsplan für leistbares Wohnen, der auch eine umfangreiche und schon lange versprochene Mietrechtsreform beinhaltet. Wir benötigen u.a. mehr leistbaren Wohnraum sowie, eine Zweckwidmung der Wohnbauförderung.“ Auch die Reform der Sozialhilfe würde dabei helfen, Wohnen wieder leistbarer zu machen. „Wir brauchen eine Rückkehr zu einer bedarfsorientierten Mindestsicherung, die sich am realen Wohnbedarf der Menschen orientiert. Unser Appell an die nächste Bundesregierung lautet: Auch in budgetär angespannten Zeiten, darf es kein Sparen auf dem Rücken jener Menschen geben, die bereits jetzt vielfach vor der Frage stehen, ob sie am Monatsende essen oder heizen sollen.“
1.500 Freiwillige im Winter-Einsatz: Hilfe nur mit Freiwilligen und Spenden möglich
Die Caritas weist auf den aktuellen erhöhten Bedarf an Spenden hin. Schwertner: „Ein Großteil unserer Hilfe wäre ohne Unterstützung der Bevölkerung nicht möglich. Aktuell sind bei uns knapp 1.500 Freiwillige im Wintereinsatz – bei den Suppenbussen, in den pfarrlichen Wärmestuben oder beim Caritas Kältetelefon und in der Gruft. Aber angesichts der großen Nachfrage sind wir auch dringend auf Geldspenden angewiesen. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten möchten wir Menschen Mut machen, den Zusammenhalt in unserem Land zu stärken. Jede und jeder von uns kann Teil einer positiven Veränderung sein. Unsere Bitte lautet daher: Lassen wir Menschen, die es jetzt besonders schwer haben, nicht alleine. Bitte helfen Sie und schenken Sie mit 70 Euro ein Gruft Winterpaket – bestehend aus 1 winterfestem Schlafsack und 7 warmen Mahlzeiten. Die Hilfe kommt an. Die Hilfe wärmt. Danke.“
Caritas Spendenkonto
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Kennwort: "Gruft Winterpaket"
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