© Wolfgang Hanousek

20 Jahre Tagesstätte im NÖ Pflege- und Betreuungszentrum Retz

In der externen Tagesbetreuungsstätte der Caritas im NÖ Pflege- und Betreuungszentrum Retz werden Menschen mit Behinderung seit 20 Jahren bei Tätigkeiten angeleitet, um sie auf einen zukünftigen Arbeitsplatz vorzubereiten. Start des Projektes war im September 2003. Bei einem feierlichen Festakt am Freitag wurde gemeinsam zurückgeblickt und viele kleine und große Erfolge gefeiert. „Für Menschen mit Behinderung ist es nicht immer einfach, am ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Hier im PBZ bekommen sie eine Chance, sich zu beweisen und das tun sie auch. Es ist wichtig, Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu ermöglichen“, gratuliert Christiane Teschl-Hofmeister, Landesrätin für Soziales den Verantwortlichen. 

Sechs Personen wurden aus dem Projekt bisher auf fixe Arbeitsplätze vermittelt, vier davon direkt ins PBZ Retz. Eva Friessenbichler, Leitung Strategie und Qualität in der Pflege in der NÖ Landesgesundheitsagentur: „Das ist die wahre Erfolgsgeschichte und auch der Mehrwert für die NÖ Landesgesundheitsagentur: Wir unterstützen Menschen mit Handicap und gewinnen gleichzeitig hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wiederum unsere Kolleginnen und Kollegen in den Pflege- und Betreuungszentren in ihrer täglichen Arbeit entlasten und unterstützen können.“ 28.000 Menschen sind in Kliniken und Pflege-, Betreuungs- und Förderzentren in ganz Niederösterreich unter dem gemeinsamen Dach der NÖ Landesgesundheitsagentur tätig. „In diesem Projekt wird deutlich, dass hier Menschen mit Menschen für Menschen erfolgreich arbeiten. Die Tagesstätte ist ein best practice Modell für gelebte Inklusion“, so Friessenbichler weiter.

Horst Winkler, Kaufmännischer Direktor des PBZ Retz, berichtet über die Entstehung des Projekts und eine immer sehr gute Zusammenarbeit mit der Caritas. Winkler bedankt sich bei der Sozialabteilung des Landes NÖ, die ebenfalls für das Projekt als Unterstützung gewonnen werden konnte. Im Laufe der Jahre hat sich das Projekt stetig weiterentwickelt. Seit 2014 ist auch eine Behindertenpädagogin der Caritas vor Ort, um die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer, aber auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus, zu begleiten. Die Klientinnen und Klienten der Caritas unterstützen nicht nur bei Verwaltungsaufgaben und im Außenbereich, sondern ebenso im Pflegebereich. Ihre Aufgaben sind sehr vielfältig und reichen von Gesprächen und Kontakten mit den Bewohnerinnen und Bewohnern bis hin zur Unterstützung bei Hilfsdiensten, wie Betten reinigen, Medizinprodukte reinigen, Botengängen und vieles mehr. Pflege- und Betreuungsmanagerin Gabriele Dürr-Kainz, PBZ Retz betont den Mehrwert für die Bewohnerinnen und Bewohner ihres Hauses durch die Besuche und Gesprächsmöglichkeiten, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im PBZ, die sich über zusätzliche, helfende Hände, freuen. "Es ergibt sich eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten – das sehen wir vor allem bei der persönlichen Entwicklung der Menschen, die oft enorm ist. Wir sind auf jeden Fall sehr froh, Teil dieses Projektes sein zu dürfen“, sind sich Direktor Winkler und die Vertreterin der Pflegedirektorin, Gabriele Dürr-Kainz, einig.  

Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien nimmt Bezug auf den kürzlich veröffentlichten Staatenbericht, in dem Österreich zuletzt ein schlechtes Zeugnis für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ausgestellt bekommen hat. So haben Menschen mit Behinderungen nach wie vor keinen chancengerechten Zugang zum Arbeitsmarkt. „Wir sehen in unserer täglichen Arbeit: Der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben sind Ausbildung und Qualifizierung. Hier braucht es Unterstützungsmaßnahmen und durchlässige Systeme, um Menschen mit Behinderung den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Hier in Retz wird deutlich, dass sich gerade die Pflege- und Gesundheitsbranche eignet, dass Menschen mit Behinderung ihre Stärken und Fähigkeiten einbringen können.“

Caritas Regionalleiter Thomas Krottendorfer erklärt, warum die Arbeit in den Werkstätten der Pflege- und Betreuungszentren auch nach 20 Jahren ihren Vorzeigecharakter nicht verloren hat: „Hier werden reale Arbeitsbedingungen sehr nahe einem Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt geschaffen. Durch den niederschwelligen Zugang wird hier Inklusion gelebt: jede und jeder kann seine Stärken, Fähigkeiten und Talente einbringen. Ich bin überzeugt, dass eine Gesellschaft erst dann vollkommen ist, wenn hier jede und jeder einen Platz hat.“ 

Projektteilnehmerin Roswitha Berger berichtet, was ihr an der Arbeit im PBZ gefällt: „Mir gefallen alle Aufgaben, die wir haben. Zum Beispiel: Betten reinigen und Bettwäschewechsel in den Wohnbereichen, da wir da auch in Kontakt mit den Bewohnern kommen und das kann manchmal lustig sein. Ich arbeite auch gerne draußen bei den Tieren oder füttere die Hühner. Ich arbeite gerne hier, weil es einfach meine Arbeit ist. Meine Arbeitskollegen und ich sind ein super Team. Manchmal kann es auch stressig werden, aber im guten Team kann man alles schaffen.“ 

Informationen und Zahlen:
Das NÖ Pflege- und Betreuungszentrum Retz bietet 110 Bewohnerinnen und Bewohnern, die einer Betreuung und/ oder Pflege bedürfen, ein Zuhause. Neben dem Angebot der Langzeitpflege gibt es auch die Möglichkeit der Kurzzeit- und Übergangspflege sowie eine Tagesbetreuungseinheit. Rund 103 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im PBZ Retz beschäftigt.

Die Werkstätten in den NÖ Pflege- und Betreuungszentren in Retz und Eggenburg sind Teil der Tagesstätte OBENauf. Die Frühstückspension OBENauf mit dem Geschäft Genuss&Co am Retzer Hauptplatz wird von der Caritas der Erzdiözese Wien geführt und bietet insgesamt 36 Plätze für Menschen mit Behinderung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Vorbereitung auf die Anforderungen am ersten Arbeitsmarkt. Insgesamt sind 16 Personen in den NÖ Pflege- und Betreuungszentren in Retz und in Eggenburg beschäftigt. 
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