„Wir stellten die Frage: Wie einsam ist Österreich? Und die Ergebnisse dieser repräsentativen Befragung machen deutlich: Einsamkeit ist ein Phänomen, dem wir als Gesellschaft dringend mehr Aufmerksamkeit widmen müssen“, berichtet Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien über eine neue SORA-Studie, bei der 1.000 Menschen vom Sozialforschungsinstitut SORA in ganz Österreich zum Thema Einsamkeit befragt wurden und die die Caritas gemeinsam mit Magenta Telekom am Dienstag präsentierte. „Wir sehen, wie stark das Phänomen Einsamkeit in Österreich heute verbreitet ist. Und deutlich wird auch, dass Pandemie und Inflation ein bereits bestehendes Phänomen wie Brandbeschleuniger verstärken. Sowohl die Pandemie als auch die Teuerungen führen dazu, dass Menschen ihre Sozialkontakte verringern müssen“, betont Schwertner. Jede/r Vierte berichtet, sich aufgrund der Corona Pandemie einsamer zu fühlen. Insgesamt geben 17% der Befragten an, dass sie Sozialkontakte durch die Preisanstiege der jüngeren Vergangenheit einschränken mussten. Besonders hoch ist dieser Anteil bei Personen mit einem Haushaltseinkommen bis 1.500 Euro: Hier musste mehr als jede/r Dritte die Sozialkontakte einschränken. Und auch ältere Menschen geben deutlich häufiger als andere an, „mehr als die Hälfte der Zeit“ einsam zu sein. Insgesamt räumt fast jede und jeder Dritte ein, dass seine oder ihre Lebensqualität durch Einsamkeit verringert wird. Jede und jeder Vierte wünscht sich mehr soziale Kontakte. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen auch, dass Einsamkeit ein Thema ist, über das nicht gern gesprochen wird. Jeder zweite Befragte ist überzeugt: Einsamkeit ist ein Tabuthema. Und mehr als zwei Drittel der Befragten sind der Meinung: Einsamkeit nimmt zu. Eine knappe Mehrheit der Bevölkerung (53 Prozent) ist überzeugt, dass die Politik mehr Maßnahmen gegen Einsamkeit setzen sollte. „Auch wir sind davon überzeugt: Wer den sozialen Zusammenhalt in unserem Land stärken will, muss die Einsamkeit bekämpfen“, betont Schwertner.
Plaudernetz erfolgreich: 34.000 Telefonate gegen Einsamkeit seit Start
Bei der Frage, welche Lösungen es braucht, um Einsamkeit effektiv zu verringern, erfuhr die Aussage „Ein gutes Telefonat hilft mir dabei, mich weniger einsam zu fühlen“ hohe Zustimmung von zwei Drittel der Befragten. Caritas, Magenta Telekom und die Kronenzeitung haben im Frühjahr 2020 intensiv an einem völlig neuen Tool gearbeitet, in dem sowohl soziale Innovation als auch technisches Know-how steckt. Nathalie Rau, Geschäftsführerin HR, Magenta Telekom: „Menschen miteinander zu verbinden ist unsere ureigenste Aufgabe. Kommunikation und Digitalisierung sind die Grundlagen einer modernen Gesellschaft. Gemeinsam mit der Caritas haben wir mit Plaudernetz eine Plattform geschafften, die Menschen näher zusammenbringt und leisten damit einen wesentlichen Beitrag gegen Einsamkeit in unserem Land. Als Arbeitgeber ermutigen und unterstützen wir unsere Mitarbeitenden dabei, sich bei Plaudernetz einzubringen. Es sind wichtige Beiträge für die Gesellschaft.“ Caritas-Projektkoordinatorin Flora Gall zieht ebenfalls eine positive Bilanz: „Mit dem Plaudernetz bringen wir Menschen nun seit bereits drei Jahren ins Gespräch – jene, die niemanden zum Plaudern haben, mit jenen, die Zeit haben und gerne zuhören. Im ersten Lockdown ging es darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, sich so trotz Abstandsregeln nahe sein zu können.“ Mit dem Plaudernetz haben Caritas und Magenta einen Nerv getroffen: Mehr als 34.000 Gespräche wurden seit Start im April 2020 geführt, täglich kommen 50 bis 70 Gespräche dazu. Die Gespräche dauern durchschnittlich 25 Minuten. Über 4.100 Plauderpartner*innen haben sich in den vergangenen drei Jahren angemeldet und mehr als 5.500 Anrufer*innen haben die Nummer bereits gewählt.
Einsamkeit eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen
Die Befragung zeigt, dass Einsamkeit besonders für ältere und einkommensschwache Personen ein echtes Problem darstellt. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung sei davon auszugehen, dass das Thema in Zukunft weiter an Relevanz gewinnen werde. „Mehr als die Hälfte aller Österreicher*innen erhofft sich von der Politik mehr Maßnahmen, um einsame Menschen wieder in die Gesellschaft zu holen. Länder wie Deutschland oder die Niederlande sind hier schon einen Schritt weiter“, so Schwertner. „Als Caritas wünschen wir uns eine*n eigenen Regierungsbeauftragte*n und eine ressortübergreifende Strategie gegen Einsamkeit. Und nicht zuletzt ein breites Bündnis aus Bund, Ländern, Gemeinden, Glaubensgemeinschaften, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie die Förderung von lokalen Initiativen und der Freiwilligenarbeit und einen Digitalisierungs- und Innovationsfonds. Einsame Menschen wieder in die Gesellschaft zu holen, ist daher keine Aufgabe für Facebook oder Partnerschaftsbörsen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine Aufgabe der Politik.“